Berchtesgaden – Früher war Mariä Lichtmess einer der wichtigsten Tage im Kirchenjahr. Das Ende der Weihnachtszeit. Heute, in der säkularisierten, egozentrischen Gesellschaft, spielt er kaum noch eine Rolle. Der Oberauer Diakon Michael König bedauert das. »Lichtmess hängt im luftleeren Raum«, findet er.
Früher sei es, vor allem auf dem Land, üblich gewesen, der Kirche an Mariä Lichtmess Kerzen zu spenden und den eigenen Jahresbedarf weihen zu lassen. Beides gibt es heute kaum noch«, bedauert der Diakon. »Vielleicht mal eine Wetterkerze oder einen Wachsstock.« Auch sei es nur noch in wenigen Familien üblich, Kerzen für die Ange-hörigen anzuzünden. Wobei, immerhin: »Die jeweiligen Gottesdienste sind ziemlich gut besucht«, so Michael König.
Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil Mitte der 60er-Jahre beendete der Lichtmesstag die Weihnachtszeit. In Oberbayern wird das auch heute noch oft so gehandhabt. So wird auch, wie der Diakon erklärt, der Christ-baum im Pfarrhaus erst heute abgebaut. Obwohl die Weihnachtszeit heute offiziell mit dem Fest »Taufe des Herrn« am Sonntag nach dem Dreikönigstag zu Ende ist.
Der Kerzenkauf für das Stiftsland Berchtesgaden läuft inzwischen zentral über die Kirchenverwaltung.Wie Michael König erklärt, melden die Mesner ihren jeweiligen Bedarf. Passt der Kostenvoranschlag, wird in der Re-gel bei einem Kerzenhändler in Höglwörth eingekauft.
Was viele nicht wissen: Für die Verwendung von Kirchen-kerzen gibt es mehrere Vorschriften. So müssen sie zum Beispiel mindestens 10 Prozent Bienenwachs enthalten.
Wie Michael König weiter erklärt, müssen sie außerdem naturweiß sein. Lediglich die sogenannten Apostelkerzen dürfen auch einen roten Fuß haben. »Die Größe der Altarkerzen richtet sich nach den jeweiligen Proportionen des Altars«, weiß der Diakon
Apropos Altar: Es gibt sechs Altarkerzen, die sich neben dem Altar und nicht darauf befinden sollen. So wie in der Stiftskirche. »Nach scher Auffassung soll der Altar frei sein«, weiß König.
Auch Blumenschmuck dort nichts verloren. Osterkerzen werden übrigens nicht an Lichtmess, sondern in der Osternacht geweiht.
Eng mit Lichtmess verbunden ist die Spende des Blasiussegens am 3. Februar. Denn auch dabei spielen Kerzen eine wichtige Rolle. Der Segen soll die Gläubigen unter anderem vor Halsschmerzen bewahren. Und im Gegensatz zu den Lichtmessbräuchen ist der Blasiussegen nach wie vor populär. »Halsschmerzen sind auch heute noch gefährlich, die Dunkelheit nicht mehr«, sagt Michael König. »In Zeiten von Brandmeldern sind Kerzen nicht mehr beliebt.« Die Beliebtheit des Blasiussegens, der liturgisch wenig Bedeutung hat, erklärt der Diakon mit seiner Individualität. »Die Menschen wollen heute persönlich berührt werden.« Deshalb werden die Kirchen des Talkessels auch an diesem Wochenende wieder voll sein.
Christian Fischer/ Quelle: Berchtesgadener Anzeiger
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Der „neue“ Weg Gedanken zum Jahreswechsel 2017
Wege im Gebirge
Wer an örtlichen Bibelkreisen teilnimmt, erfährt bei der Lektüre der Apostelgeschichte von der atemberaubenden Geschwindigkeit mit der sich die christliche Bewegung in der damaligen „alten“ Welt ausdehnte und dass die ersten Christen ihre neue Gemeinschaft „Der neue Weg“ nannten. Saulus (Apg. Kapitel 9) geht nicht auf „Christenfang“, sondern er verhaftet „die Leute auf dem neuen Weg“. Man sah im frühen Christentum zunächst also eine parallele Entwicklung zum immer noch gangbaren ersten, aber „alten“ Weg des Judentums. Die frühen Christen bildeten keine Religion, keine Kirche, sondern sie folgten dem Weg, den ihnen Jesus vorausgegangen war. Sie folgten einfach den Spuren, die für sie in den mündlichen und schriftlichen Überlieferungen der Zeitzeugen ausgelegt waren, damit sie die Holzwege, Abwege, Irrwege und Sackgassen vermeiden und das Ziel finden konnten. Da sich, wie wir wissen, viele auf den Weg machten, entstand eine Bewegung.
Jesus hatte in seinen Worten und Gleichnissen den einzelnen Menschen stets in seiner konkreten Situation angesprochen; so startete jeder einzelne an seinem momentanen Lebenspunkt und es entstanden viele Wege. Wen wundert’ s, so gab es verschiedene Zwischenziele, die den einen wichtig, den anderen weniger wichtig, manchen hinderlich, manchen dafür sehr förderlich erschienen. Einige wurden an solchen Stationen irgendwie sesshaft und verloren das eigentliche Ziel aus den Augen. Die Apostelbriefe, vor allem die des Völkerapostels Paulus, der fast zwei Jahrzehnte unterwegs, auf dem Weg war, bezeugen diese Situation und zugleich erfahren wir aus Paulus Worten von seinen manchmal sehr intensiven „Anweisungen“ (1 Kor. 11). Andere machten das Vorläufige zum Endgültigen mit der Konsequenz, die Bewegung erstarrte zur religiösen Sekte mit all den schlimmen Folgen, wie wir sie aus dem täglichen Zeitgeschehen kennen (auch hier sei an den Apostel Paulus erinnert).
Zwischendurch ein Exkurs: Wege und Straßen waren in der Antike die große Herausforderung. Schon frühzeitig gab es Straßenverbindungen zu allen Teilen der damals bekannten Welt; wir alle wissen um die Via Appia, die Petrus auf seinem Weg von Jerusalem nach Rom, ins Martyrium gegangen ist.
Quo vadis? Wohin gehst du? Fußabdrücke des Hl. Petrus an der Via Appia.
Doch weit wichtiger sind die Straßen zu den Menschen und die Wege zu Gott, von denen der Prophet Jesaja (40,3ff) spricht: „Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.“
Zurück zum Ausgangsgedanken: Doch es gab auch welche, die im Sinne von Jesaja frohgemut unterwegs blieben. Es wurde versucht, ihren Weg durch Hecken, Zäune oder gar Mauern und Wegweiser auf eine bestimmte Linie zu bringen. Nicht jedes Wegekreuz gab die rechte Richtung vor. Das nahm verständlicherweise nicht wenigen die Lust weiter zu gehen. Sie siedelten rechts und links des Weges und wunderten sich manchmal darüber, dass noch immer und immer wieder Menschen auf dem Weg blieben und ihre Suche und ihr Ziel nicht aufgaben.
Es wird berichtet, sie gaben ihnen Papiere mit, Landkarten und erklärende Wege- beschreibungen; doch das große Ziel schien irgendwie nicht mehr erkennbar. Also fingen sie an, Häuser zu errichten, in denen sie diese Dokumente für neue Wanderer sammelten und ordneten. Weil so immer mehr an Papieren zusammen kam, blieb für den Weg keine Zeit mehr. Andererseits verließen bestimmte Menschen solche Plätze und machten sich erneut auf den Weg, weil sie dort keine neuen Anregungen mehr für den neuen Weg erhielten. Ist nicht der Hl. Franziskus einer von diesen gewesen?
So ist es: Noch immer werden Menschen gesichtet, die darauf vertrauen, dass er, der sich „der Weg“ nannte, sie in die Weite und in die Freiheit führte. Es ist erwiesen: Jeder neue Tag brachte sie ihrem Ziel näher.
Schauen wir hinauf zum Schlussstein im gotischen Hochchor unserer Stiftskirche, der Mutterkirche in Berchtesgaden; dann stellen wir fest: Alle das Gewölbe tragenden Kreuzrippen haben einen eigenen Ausgangspunkt und sie vereinen sich zentral im „Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt“, wie es beim Evangelisten Johannes geschrieben steht. Ist es nicht beruhigend, wie hoffnungsvoll die Fahne der Auferstehung dort oben weht?
Vom Hl. Augustinus kennen wir diesen Gedanken: „Bedenke: Ein Stück des Weges liegt hinter Dir, ein anderes Stück hast Du noch vor Dir. Wenn Du verweilst, dann nur um Dich zu stärken, nicht aber um aufzugeben.“
Den weihnachtlichen Weg des Menschen beschreibt der Wegsucher Augustinus mit diesen Worten: „Weggehen von Gott heißt, sterben; zurückkehren zu Gott heißt, auferstehen; wohnen bei Gott heißt, leben.“
Stellen wir unseren Weg im nun beginnenden Jahr 2017 unter diese Segensworte. Der Segen des Herrn soll allzeit über dir sein wie ein Wegweiser, der dich leitet, warnt und zurückruft.
Johannes Schöbinger
Das große Memento Mori
(Impression vom Alten Friedhof Allerheiligen 2013)
Die Zahl der Gedenktage ist im trüben November so umfangreich, dass man leicht den Überblick verlieren kann. Der 31. Oktober, der Reformationstag, als rein protestantischer Feiertag muss mit dem seit einigen Jahren leider auch bei uns in Mode gekommenen, ausgelassenen wie überflüssigen Halloween einen Wettstreit führen. An den beiden folgenden Tagen eröffnen die Katholiken den Reigen der Totengedenktage.
Der Ausdruck „Memento mori“ entstammt dem mittelalterlichen Mönchslatein: aus „Memento moriendum esse“ – „Bedenke, dass du sterben musst“. Er ist ein Symbol der „Vanitas“, der Vergänglichkeit und es war ein wesentlicher Bestandteil der mittelalterlichen mönchischen Liturgie.
Im allgemeinen Verständnis bilden Allerheiligen und Allerseelen heute eine Einheit. Der 1. November als Tag für alle Heiligen und den Rest der Christenheit ist ein freudiges Fest, auch wenn an diesem Tag die geschmückten Gräber der Verstorbenen besucht werden. Schon immer haben die Menschen ihre Trauer um die lieben Verstorbenen und das Wissen um die eigene Vergänglichkeit ritualisiert. Die Wurzeln unseres heutigen Totengedenkens reichen weit in vorchristliche Traditionen zurück. Im Christentum sind seit dem 2. Jahrhundert Gebete für die Verstorbenen überliefert.
Papst Gregor VI hatte um 837 nach Chr. ein logistisches Problem zu bewältigen: die Zahl der Heiligen und Märtyrer war so stark gewachsen, dass es unmöglich wurde, sie alle mit einem eigenen Festtag zu ehren. Heilig zu werden ist aber ohnehin kein Privileg von wenigen Auserwählten: Jeder und jede ist der Bibel (s. Neues Testament) zufolge dazu berufen. Es wird folglich der verstorbenen Menschen gedacht, die kein eigenes Gedächtnis haben, die also nicht vom Papst heilig gesprochen wurden, jedoch im Himmel das Angesicht Gottes schauen.
(Allerseelengebetszettel (19.Jhd.))
Diese Ausweitung des Heiligengedenkens auf alle Verstorbenen hat dazu geführt, dass Allerheiligen als gesetzlicher Feiertag das darauf folgende Allerseelen als wichtigen Termin für den Friedhofsbesuch abgelöst hat. Die Menschen entzünden ein Licht, stellen Herbstblumen und, als Zeichen der Hoffnung, grüne Zweige auf die Gräber.
An Allerseelen, dem 2. November, gedenken die katholischen Christen gemäß der Tradition ihrer Toten. Also all jener lieben Menschen, von denen keine Legende erzählt, keine Kirchengeschichte berichtet, die aber im Gedächtnis der nachkommenden Generationen lebendig sind. Die Hilfe der Lebenden für die Verstorbenen steht an diesem Tag im Mittelpunkt. Die Verstorbenen, die noch im „Fegfeuer geläutert“ werden, bedürfen der Fürsorge der Lebenden, vor allem ihrer Verwandten.
Diese können Gott bitten, dass er die Seelen aus dem Fegfeuer, dem Ort der Reinigung, befreit. Nach altem Volksglauben stiegen die armen Seelen an diesem Tag aus dem Fegfeuer zur Erde und ruhten sich für kurze Zeit von ihren Qualen aus. In manchen Regionen stellte man früher aus diesem Grund etwas Essbares auf das Grab. Im Berchtesgadener Talkessel gibt es am Allerseelentag ein eigenes Gebildbrot, das „Stuck“. Dieser Gedenktag geht auf eine irische Tradition zurück, und es war Abt Odilo von Cluny, der im Jahr 998 die Allerseelenfeier für den 2. November festgelegt hat. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert.
Im Bergfriedhof: Zum Gedenken an ungetauft verstorbene Kinder
Am dritten Mittwoch im November wurden verschiedene Buß- und Bettage in der evangelischen Tradition zusammen gezogen. Die Gläubigen werden an diesem Tag zur Ein- und Umkehr angehalten. Der Buß- und Bettag war nicht zuletzt deshalb ein staatlicher Feiertag, weil dieser Tag für eine wichtige Dimension des Zusammen- lebens stand, bis er zur Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafft wurde. Nicht wenige evangelische Gemeinden haben auf Grund dieses staatlichen Eingriffs die Thematik dieses Tages intensiviert.
Der „Volkstrauertag“ wurde 1922 unter dem Eindruck der furchtbaren Opfer des 1. Weltkrieges ins Leben gerufen. Er ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den „Stillen Tagen“ (z. B. Tanzverbot). Er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen und erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Der Sonntag vor dem 1. Advent, dem letzten Sonntag des Kirchenjahres, ist das „reformierte Gegenmodell zu Allerheiligen/Allerseelen“. Den um alle katholischen Grabbräuche reduzierte Toten- und Ewigkeitssonntag hat König Friedrich Wilhelm III von Preußen 1816 eingeführt, Die Tradition, an einem Tag des Jahres der Toten öffentlich zu gedenken, gibt es in den evangelischen Kirchen bereits seit dem 16. Jahrhundert. Während der 2. November, der katholische Allerseelentag, eher dem Gedächtnis der Toten der Familien gewidmet ist, hat der Totensonntag den Charakter eines öffentlichen Totengedächtnisses, was vor allem durch die beiden letzten Weltkriege so drängend geworden ist.
Kriegerdenkmal in Berchtesgaden, Schlossarkaden
„Für Gott, König, Vaterland“ – Heldendenkmal in Marktschellenberg, 1871
Erinnerung an der ersten Friedhof von Berchtesgaden zwischen Stifts- und Pfarrkirche gelegen – ca. 1100 – 1806.
November – Trauermonat und Hoffnungsmonat; so schreibt der Apostel Paulus an die Thessalonicher: „Brüder und Schwestern, wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus – und das ist unser Glaube – gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen.“
Johannes Schöbinger