Wenn die Glocken nach Rom fliegen

Vom Brauchtum rund um Ostern An die Fangfrage im Religionsunterricht erinnere ich mich sehr gut: „Was ist das größte Fest der Christenheit?“ Spontan antwortete die Klasse im Chor: „Weihnachten!“ – „Falsch!“ verkündete der Religionslehrer: „Falsch! Falsch! Ostern!“ Nicht ohne vorwurfsvoll hinzuzufügen: „Ihr denkt doch nur an die Geschenke!“ Betroffenes Schweigen und Kopfschütteln auf unserer Seite. Recht hatte unser Religionslehrer. Ostern ist das höchste und zugleich älteste Fest der Christenheit. In diesem Zusammenhang sind im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Bräuche entstanden. Nachfolgend wird eine Auswahl der wohl bekanntesten vorgestellt und kurz erläutert. Der Name Gründonnerstag leitet sich vom mittelhochdeutschen “greinen” oder “grienen”, vom klagenden Weinen her. An diesem Tag wurden die Sünder, die während der Fastenzeit Buße geleistet hatten, die “Greinenden”, wieder in die gottesdienstliche Gemeinschaft aufgenommen. Deshalb kennt man bei uns auch die Bezeichnung “Antlasstag” (= Entlasstag). Fußwaschung: Als Zeichen der dienenden Liebe Jesu waschen in vielen Kirchen die Priester in Erinnerung an die Apostel zwölf Männern oder Frauen die Füße. Dieser Brauch stammt eigentlich aus dem Klosterleben und wurde im 12. Jahrhundert in die Liturgie eingeführt. Im Blick auf die Feier des Leidens Christi verstummen nach überkommenem Brauch am Gründonnerstag mittags die Kirchenglocken. Seit der Liturgiereform schweigen jedoch Glocken und Orgel erst nach der Abendmahlfeier. Der Volksmund sagt: “Die Glocken fliegen nach Rom”. Als Ausdruck der Trauer rattern und knattern nur noch hölzerne Ratschen und Klappern, mit denen bei uns die Ministranten an den Kartagen durch den Markt lziehen oder vom Kirchturm aus die Gläubigen zum Gebet rufen. Als weiteres Zeichen der Trauer werden die Altäre entblößt. Der Karfreitag, wegen des Todes Jesu auch Klagefreitag genannt, ist geprägt vom Kirchenbesuch. Dazu zählt natürlich um 15:00 Uhr die Karfreitagsliturgie mit der Verehrung des Kreuzes Christi. Da unsere Kirchen über sehr schön ausgestattete und z. T. alte Heilige Gräber verfügen, ist der Brauch „unser’m Herrn Grabkugei’n schaugn“ überaus lebendig. Der Kalvarienberg am Fürstenstein wird neben dem Heiligen Grab fleißig besucht. Für dieses sog. „Kalvarienberg-Abbeten“ gibt es seit gut 150 Jahren ein eigenes Andachtsbüchlein. Während früher das Osterfeuer bereits am Karsamstag morgen auf die alte Art aus dem Feuerstein geschlagen wurde, beginnt heutzutage die Osternachtfeier vor der Kirche mit der Entzündung und der Segnung des Osterfeuers. Das Element Feuer kommt nur einmal in der Liturgie vor, nämlich in dieser Feier. Das Feuer gilt hier als Symbol für die Sonne, die Wärme und Licht gibt und damit Leben ermöglicht. Der Brauch, dass Kinder in einer Laterne das Osterfeuer nach Hause brachten und damit das Herdfeuer entzündeten, ist abhanden gekommen. Die Osterkerze wird am Osterfeuer entzündet. Die Kerze ist meist mit Kreuz, Alpha und Omega – dem ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, der Jahreszahl 2018 und fünf farbigen Wachsnägeln als Symbole für die Wunden Christi am Kreuz geschmückt. Die Osterkerze wird in die dunkle Kirche getragen und Christus dreimal als „Licht der Welt“ angerufen: Lumen Christi. An der Osterkerze entzünden in der Osternacht die Gläubigen ihre eigene Kerzen. Osterwasser/Weihwasser: Wasser gilt seit jeher als Symbol für Reinigung, Erfrischung, Lebensfreude; ohne Wasser kein Leben. Mittels einer Lesung aus dem Alten Testament wird auch an den befreienden Durchzug durch das Schilfmeer erinnert. In der Osternacht wurden früher die Taufbewerber, die Katechumenen, getauft. Auch deshalb wird in der Liturgie das Taufversprechen erneuert. Ostereier: Das Ei beschäftigt schon früh in der Kulturgeschichte die Phantasie der Menschen. Es gilt als Ursprungsort des Menschen oder gar des Universums; ihm wurde eine beschützende Kraft zugeschrieben. .Auch als Symbol hat das Ei eine wichtige Rolle gespielt. Man staunte über die vollendete Form. Und dass aus einem scheinbar toten Körper etwas Lebendiges hervorkommt, machte das Ei zum Symbol der Fruchtbarkeit und des neuen Lebens. “Gleich einem Ei springt das Grab auf” meinte der Kirchenvater Augustinus und sah im Ei ein Symbol für das vorhandene, aber noch nicht sichtbare neue Leben gleich dem auferstandenen Christus. Seit dem Mittelalter war das Ei eine Berechnungseinheit für Pacht und Zins. So mussten z. B. die Gerer Bauern jährlich dem Mesner eine bestimmte Anzahl von Eiern als Läutgeld abliefern. Warum die Eier gefärbt wurden, lässt sich nicht eindeutig erklären. Man nimmt an, dass man sie als gekochte Eier von den Zinseiern unterscheiden oder für die österliche Segnung in der Kirche schmücken wollte. Bei uns gibt es seit dem 13. Jahrhundert die “Roteier”, wobei die rote Farbe auf die Liebe, die Freude, aber auch auf das blutige Sterben Christi hinweisen soll. Osterspeisen: Hier handelt es sich um die Speisen, die in der Osternacht gesegnet werden. Speziell die Segnung von Ostereiern ist schon im 12. Jahrhundert nachweisbar; „vom Fasten zum Fest“. Einer uralten Tradition gemäß werden dazu die am Gründonnerstag gelegten Eier – sofern man noch Hühner hat – , die Antlasseier, verwendet. Der Brauch der österlichen Speisensegnung gehört zur Feier der Osternacht. Im Speisenkorb finden sich neben den erwähnten Eiern, Salz, Butter, der Osterfladen , Speck oder Schinken und Kren. Dass die Eier vor der Speisenweihe an beiden Enden aufgeschlagen werden sollen, damit die Weihe besser hinein kam, entspricht wohl eher einer magischen Glaubensvorstellung. Oapecken (Eierpecken) ist ein alter Osterbrauch mit gekochten, farbigen Eiern. Zuerst „Spitz auf Spitz“; da wird mit der Spitze des Eis solange gegen das Ei des Konkurrenten gestoßen, bis eines der beiden zu Bruch geht. Dann werden die stumpfen Enden gegen einander gepeckt. Der Sieger erhält das „eingehauene“ Ei. Osterspaziergang – Emmausgang: Er erinnert an den Marsch der Jünger von Jerusalem in das kleine Dorf Emmaus, bei dem ihnen der Auferstandene erschien. Während der pfarrliche Emmausgang heute verschwunden ist, wird der Osterspaziergang in den Familien gepflegt. Der Ostermontag ist ein „Menschertag“. Der ‘Bursch’ holt sich von seinem Dirndl die roten Ostereier als Ostergeschenk ab. Am Nachmittag geht man „Emaus“; was man scherzhaft als „ebenaus-gehen“ auslegte und abends traf man sich zum Osterkranzl. Schon bei Johann Wolfgang von Goethe können wir im Osterspaziergang lesen: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick.“ Und dazu bietet sich der Emmaus-Rundweg von der Kirchleitenkapelle über Soleleitungsweg und Kalvarienberg zur Franziskanerkirche und durch die Fußgängerzone bis zur Stiftskirche an.

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